Montag, 24. Februar 2014

Sicherheitsexperte Uwe Brinkmann zweifelt an Verfassungsmäßigkeit des Bundespolizeigesetzes

Sicherheitsexperte Uwe Brinkmann zweifelt an Verfassungsmäßigkeit des Bundespolizeigesetzes Dr. Uwe Brinkmann
Dr. Uwe Brinkmann
Rechtsdozent an der Führungsakademie der Bundeswehr

Vom Bundesgrenzschutz zur Bundes(welt)polizei?

DIE POLIZEI 01/20014
Dr. Uwe Brinkmann - Vom Bundesgrenzschutz zur Bundes(welt)polizei?

Das Trennungsgebot zwischen innerer und äußerer Sicherheit ist wie das nachrichtendienstrechtliche Trennungsgebot zwischen Verfassungsschutz- und Polizeibehörden nicht expressis verbis im Grundgesetz benannt. Es ergibt sich jedoch aus einer historischen und verfassungssystemat ischen Betrachtung.

Nach der klassischen Aufgabentrennung obliegt es der Polizei den Staat und seine Bürger vor Gefahren zu schützen, die von innen auf sie einwirken, wohingegen die Streitkräfte die Integrität des Staates vor Gefahren von außen schützen. Streitkräfte können somit mittelbar durch ihre multinationale Einbindung im Rahmen des Krisen- und Konfliktmanagements zur Stabilisierung und Gefahrenabwehr im Inland beitragen. Trotz zunehmend verschwimmender Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit ist der Einsatz von Streitkräften im Inland jedoch grundsätzlich untersagt. Der Einsatz von Landes- und Bundespolizeikräften im Ausland ist dagegen der Regelfall geworden.

Als bedeutende Entwicklungslinie ist neben den Kompetenzerweiterungen der Bundespolizei seit der Wiedervereinigung ein räumlicher Expansionstrend bei der Bundespolizei zu erkennen.

Im Rahmen einer historischen, sicherheitspolitischen und rechtlichen Würdigung sind erhebliche Zweifel angebracht, ob militärähnliche Auslandseinsätze der Bundespolizei diesem Trennungsgebot entsprechen.

Bevor Gewalt ins Ausland projiziert und in Souveränitätsrechte anderer Staaten eingegriffen wird, gilt es somit grundsätzlich drei Voraussetzungen zu erfüllen: Erstens muss eine völkerrechtliche Ermächtigung der Vereinten Nationen vorliegen, zweitens dürfen die staatlichen Gewalten nur im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit handeln und drittens muss eine Mehrheitsentscheidung des Deutschen Bundestages zur Entsendung deutscher Streitkräfte vorliegen. Art. 87a II GG steht Auslandseinsätzen der Bundespolizei somit entgegen, sofern das verfassungsrechtliche Einsatzverbot der Streitkräfte umgangen werden soll.

Der Bundesgrenzschutz hat sich seit dem Wegfall seines namensgebenden Kernauftrages in den 1990er Jahren stetig zu einer global einsetzbaren und kompetenzrechtlich breit aufgestell-ten Bundespolizei entwickelt. Hier durch tritt er im Inland in Konkurrenz zu den Landespoli-zeien und konkurriert im Ausland nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch operativ mit den Streitkräften. Nicht zuletzt durch das Verschwimmen von innerer und äußerer Sicherheit scheint dieser Trend noch nicht abgeschlossen zu sein, stößt verfassungsrechtlich jedoch zu-nehmend auf Bedenken. Der Leitsatz des Bundesverfassungsgericht wonach "der Bundes-grenzschutz nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien konkurrierenden Bundespo-lizei ausgebaut werden" darf und "damit sein Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben" verliert , wird zu recht zunehmend in Frage gestellt.

Im Widerstreit mit den deutschen Streitkräften ist zudem fraglich, ob bei Aufgabenerweite-rungen der Bundespolizei im Ausland entsprechende Kompetenzgrundlagen des Grundgeset-zes vorliegen. Im Sinne eindeutiger Zuständigkeiten, verfassungsrechtlicher Klarheit und un-zweifelhafter Legitimation sollten robuste bewaffnete Auslandse insätze den Streitkräften vor-behalten sein und das Bundespolizeigesetz seine verfassungsrechtliche und geographische Grenze in diesen Fällen finden. Mögen vereinte Polizei- und Geheimdienststrukturen im In-land vielleicht effektiver sowie paramilitärische Gendarmerien im In- und Ausland flexibler und schlagkräftiger sein, so sind sie im Grundgesetz (bisher) jedoch nicht vorgesehen.

Führungsakademie der Bundeswehr
Jürgen Bredtmann
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